Die Landwirtsfamilie Angermeir kommt in einem Artikel der SZ (31.07.2020) zur geplanten Mega-Baumaßnahme in Feldmoching zu Wort. Überschrift: “Aber was soll ich mit zwei Millionen? Das ist unsere Heimat”.
Die Stadt München will auf bis zu 900 Hektar Grün- und Ackerfläche ein neues Stadtviertel im ländlich geprägten Feldmoching errichten. Und das in Zeiten einer ohnehin überhitzten, überforderten Stadt, deren Infrastruktur schon den aktuellen Belastungen nicht gewachsen ist. So ist z.B. weder geklärt, wie es verkehrstechnisch weitergehen kann, ohne dass noch mehr Straßen gebaut und Flächen versiegelt werden, wo angesichts sinkender Grundwasserpegel ausreichend Wasser für immer mehr Menschen herkommen soll, und vieles mehr.
Breites Spektrum an Motiven für die Ablehnung
Positiv fällt auf, dass der Journalist, Herr Krass, sich dankenswerterweise nicht am Thema ‘Grundstückspreise’ oder ‘Enteignung’ festbeißt, das ja nur einen geringen Teil aller Feldmochinger betrifft, sondern dass er sich bemüht, die Situation der Familie Angermeir und ihres Betriebs neutral darzustellen.
Das ist wichtig. Denn die Motive, das Mega-Vorhaben in Feldmoching abzulehnen, sind breit gefächert, egal ob die Planung ‘Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme’ (SEM) oder anders genannt wird.
Da sind unter anderem Landwirte, Gemüsebauern, sonstige Grundbesitzer, Naturschützer, ganz normale Bewohner aus dem Viertel, in dem schon jetzt ständig gebaut wird, und Münchnerinnen und Münchner aus der ganzen Stadt, die statt Beton von Neuperlach (Verbauung der Hachinger Frischluftschneise) bis hinauf in den Münchner Norden lieber eine bessere Strukturpolitik und Landesplanung hätten, um Wachstumsdruck von München zu nehmen.
Für Verbitterung und Kopfschütteln hat gesorgt, dass alle gemeinsam von Vertretern der Stadtpolitik als geldgierige Spekulanten hingestellt wurden. Es wäre sachdienlicher, die unterschiedlichen Motive differenziert zu betrachten und, unabhängig von der jeweiligen Motivlage, zu einem respektvollen Umgang miteinander zu finden.
Berechtigte Anliegen verdienen Respekt
Wenn jemand sagt: “Ich verkaufe meinen Hof nicht. Ich wohne und arbeite da, und meine Kinder werden das weiterführen”, dann ist das ein berechtigtes Anliegen. Man kann einen Hof und damit die Arbeit als Landwirt oder Gemüsebauer nicht einfach aufgeben, und man kann ihn auch nicht einfach verpflanzen. Wohin denn auch? Da spielt die Verfügbarkeit von Flächen eine Rolle, Entfernungen wie z.B. zur Münchner Großmarkthalle, wo Feldmochinger Gemüsebauern ihre Erzeugnisse am frühen Morgen abliefern müssen, damit Münchner Märkte, Gaststätten, Kantinen, Caterer uvm. die Bevölkerung damit versorgen können. Dazu kommt die gefühlte Verwurzelung der Familie im Ort.
Man muss aber kein Landwirt oder sonstiger Grundbesitzer sein, um das Riesenprojekt abzulehnen. Wenn jemand sagt: “Wir wohnen hier seit vielen Jahren, hier sind meine Nachbarn, meine Vereine, ich habe nur dieses eine Zuhause, ich will hier weder weg noch will ich zugebaut werden von allen Seiten; die Felder und Wiesen gehen verloren, und dann kommt noch mehr Verkehr, Stress, Enge!”, dann ist das ein berechtigtes Anliegen.
Und wenn jemand sagt: “Wie kann man hier die Gemüseäcker zubauen, während 10 km weiter im Rathaus alle von Klimanotstand, Trockenheit und Flächenfraß reden”, dann ist auch das ein berechtigtes Anliegen sehr vieler Feldmochinger.
Bewusstes Antreiben des Wachstums
Spekulantentum und Egoismus ist vielmehr denen vorzuwerfen, die das Wachstum der Stadt bewusst antreiben, weil sich mit Immobilien unfassbar viel Geld verdienen lässt – auf Kosten aller anderen Münchnerinnen und Münchner.
Aus Sicht der München-Liste ist klar: Das kopflose ‘Zubauen’ und den Ausverkauf unserer Stadt an Investoren und Bauträger lehnen wir ab.
Stattdessen muss eine bessere Strukturpolitik her, die andere Regionen für Unternehmen attraktiver macht und damit den Zuzugsdruck von München nimmt. Dann stehen auch ohne dass alles verbaut wird wieder Wohnungen für alle zur Verfügung. Das Ziel ist nicht Null-Wachstum, sondern Wachstum in vernünftigem Maße, so wie wir es über Jahrzehnte hatten in unserer Stadt, und wenn wir mal eine Zeit lang nicht oder kaum gewachsen sind, hat uns das auch nicht geschadet. Und wenn wir so wie jetzt eine Zeit lang zu viel gewachsen sind, müssen wir eben auch mal pausieren. Das richtige Maß ist entscheidend. Dies zu steuern ist Aufgabe der Politik auf allen Ebenen.
Solange die Stadt nicht einmal den Versuch unternimmt, die Probleme auf diesem Weg bei der Wurzel zu packen, bleibt die Akzeptanz für die Beton-Methode natürlich gering.