Liebe Leserinnen und Leser,
wir hoffen, Sie hatten einen guten Start in das neue Jahr! Seit Herbst 2023 war es ja relativ ruhig, was Stadtratsentscheidungen über Bau- und Immobilienprojekte angeht. Die Krise in der Branche durch die hohen Zinsen wirkt offenbar als Bremse. Ein Paukenschlag war in diesem Zusammenhang allerdings die Pleite von Rene Benkos Signa-Imperium: Bauruinen in bester Lage, von der Alten Akademie über das Kaut Bullinger-Gebäude bis zum Hauptbahnhof. Wir hatten die Stadt mehrfach gewarnt, sich auf gewinnorientierte Investoren einzulassen, sind aber nicht gehört worden.
Auch um die Firma Büschl, die nebst den Paketpost-Hochhäusern und dem Eggarten viele weitere Projekte in der Pipeline hat, ist es seit Langem eigenartig still. Die Abendzeitung fasste schließlich, am 15. Dezember 2023, unseren Verdacht in Worte: „Nächster Investor-Schock in München?“
Für uns als München-Liste und für mich als Ihr Vertreter im Münchner Stadtrat dürfte das Jahr 2024 so oder so sehr arbeitsreich werden. Wir sehen mit Spannung der weiteren Entwicklung beim Bürgerbegehren zum Grünflächen-Erhalt entgegen. Die Stadtratsmehrheit hat die Ziele des Bürgerbegehrens zwar am 1. März 2023 übernommen, um zu verhindern, dass wir einen erfolgreichen Bürgerentscheid durchführen können. Das heißt, er hat sich seine Inhalte und Verpflichtungen per Stadtratsbeschluss zu eigen gemacht. Soweit die Theorie.
In der Praxis hat der Stadtrat die Vorgaben in zahlreichen Fällen schlicht ignoriert. Wir zählen mittlerweile über 20 geplante Bauprojekte, die ganz oder teilweise in vom Bürgerbegehren abgedeckten Grünflächen umgesetzt werden sollen. Solches Verhalten fördert nicht gerade das Vertrauen in Politik und Verwaltung. Es ist wirklich unerklärlich. So viele von uns und Ihnen hatten sich über den Erfolg mit 60.000 Unterschriften so gefreut, und jetzt das. Wir denken darüber nach, bald eine Anfrage an den Oberbürgermeister zu diesem Thema zu stellen.
Trotz dieser Enttäuschung werden wir uns weiter mit Anträgen, Anfragen und Presseaktionen gegen die Zerstörung von Grünflächen, Bäumen, Frischluftschneisen, idyllischen Hinterhöfen, Baudenkmälern und überhaupt der gewachsenen Viertel unserer Stadt sowie den Ausverkauf an Investoren stemmen. Wir werden weiter versuchen, den Münchnerinnen und Münchnern, die massives Wirtschafts- und Stadtwachstum für den falschen Weg zu einem besseren Leben in München halten, eine Stimme zu geben.
Herzlichst,
Ihr Dirk Höpner
Stadtrat der München-Liste
4. BI-Messe‘: 30 Bürgerinitiativen im Austausch / Experten mit Wachstumskritik
Bei der beliebten Vernetzungsveranstaltung ‚BI-Messe‘ kamen am 12. Januar Vertreter von ca. 30 Bürgerinitiativen und zahlreiche Gäste im Bürgersaal Fürstenried zusammen. Es war schon die vierte BI-Messe und die erste nach der Corona-Zeit. Wir hoffen, dass dieses tolle Treffen auch weiterhin jährlich stattfinden wird.
München-Liste-Stadtrat Dirk Höpner sprach gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Tobias Ruff von der Fraktion ÖDP / München-Liste über die Herausforderungen, die Münchner Bürgerinitiativen zu bewältigen haben, und gaben Tipps, wie sich die Initiativen besser Gehör verschaffen können.
Darüber hinaus kamen gleich mehrere Expertinnen und Experten zu Wort, die man sonst nicht alle gleichzeitig auf ein und derselben Veranstaltung antrifft:
- Sylvia Hladky vom Klimarat München, fachlich top als Diplom-Ingenieurin für Technische Physik, die 37 Jahre im Deutschen Museum tätig war, davon 13 Jahre als Leiterin der Abteilung Energietechnik und 15 Jahre als Leiterin des Verkehrszentrums. https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:ab876add-06ea-4e6a-bd2d-f6c05221f459/Steckbrief_Hladky.pdf
- Dr. Simone Linke (TUM, grüne Stadt der Zukunft), die sich mit der Hitzeresilienz von Städten befasst https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/campus/talks/gruene-stadt-der-zukunft-klimawandel-simone-ines-linke-campus-talks-100.html
- Dr. Hilmar Sturm (Gesellschaft für Bürgergutachten) https://www.buergergutachten.com/ , https://www.verbaendekongress.de/Sturm_Hilmar
- Herbert Stepp (Grünzug-Netzwerk Würmtal e.V.), der über die Hauptursache des Wohnungsnotstands im Großraum München referierte: das Missverhältnis zwischen Gewerbe- und Wohnungsbau. Sprich: Immer mehr Arbeitsplätze, zu wenig Wohnungen – doch so viele (Zehntausende) Wohnungen, wie sie nach Anzahl der Arbeitsplätze gebraucht würden, können niemals gebaut werden. https://gruenzugnetzwerk.de/
- Christian Hierneis als langjähriger Vorsitzender des Bund Naturschutz München sowie Grünen-Landtagsabgeordneter, ein unermüdlicher Unterstützer der Münchner Bürgerinitiativen und Kritiker von Münchens ungezügeltem Stadtwachstum. https://www.christian-hierneis.de/ueber-mich-christian-hierneis/ . In Bezug auf Wohnungsbau und Flächenversiegelung fordert er: „Wohnungsbau für bezahlbaren Wohnraum nur noch staatlich oder kommunal unter Berücksichtigung klimatischer, ökologischer und gesundheitlicher Belange“
Die SZ hat positiv berichtet mit folgendem Zitat als Titelzeile („Dieser Stolz auf das prosperierende München ist fatal“) und Titelfoto von der Böglwiese in Perlach: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-buergerinitiativen-gruenflaechen-neubaugebiete-forstenried-1.6332621
https://buergerdialog.online/events/4-bi-messe-unter-dem-mottobuergerinitiativen-im-gespraech/
Aus Stadtrat und Fraktion
Candid-Tor wird ‚Monumentalbau‘ – viel zu groß für’s Viertel
Es wird ein monumentales Bauwerk, wenn die Planung so bleibt: Das sogenannte Candid-Tor am Candidplatz in Untergiesing-Harlaching. Wir hätten dieses Bauprojekt – wie die örtliche Bürgerinitiative – gerne ein paar Nummern kleiner bzw. überhaupt nicht so, wie es derzeit geplant ist.
Der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung (Planungsausschuss) hat sich am 10. Januar damit befasst. Hierzu haben wir einen Änderungsantrag eingebracht:
- Höhenbegrenzung nach der aktuellen Hochhaus-Studie von 2023 (also wie in der Studie vorgesehen ausschließlich die Höhenstufe 2 [max. + 35 % zur vorherrschenden Traufhöhe]
- keine zusätzlichen – zu den jetzt bereits vorhandenen – Büroflächen mehr
- die aktuell vorliegende Planung des Investors soll verworfen werden.
Leider hat die Mehrheit wieder einmal anders entschieden. https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/8209793
Brenner Nordzulauf: Güterverkehr auf der Schiene JA – aber nicht mitten durch München
Und nochmal der Planungsausschuss, Thema ‚Brenner Nordzulauf‘: Hier herrschte parteiübergreifend Einigkeit, dass die derzeitige Planung der Bahn den Münchner Osten zu stark belastet.
Dirk Höpner bringt es auf den Punkt: „Überspitzt gesagt: Jedes oberbayrische Dorf hat einen Autotunnel bekommen, solange ein bayrischer Minister in Berlin was zu sagen hatte, der seine Wähler durch Verkehrsentlastung besänftigen wollte. Aber in München baut der Bund als Eigentümer der Bahn eine Verkehrsachse aus, die die Anwohner massiv belasten würde.“
https://risi.muenchen.de/risi/sitzungsvorlage/detail/7927556
Kontrolle mangelhaft: Fusion von GWG und Gewofag zur Münchner Wohnen
Es geht um ca. 70.000 Wohnungen – eine gewaltige Anzahl. So viele werden von der neuen Wohnungsbaugesellschaft ‚Münchner Wohnen‘ betreut, die aus der Fusion von GWG und Gewofag, den beiden bisherigen städtischen Wohnungsbaugesellschaften, zum 1. Januar 2024 hervorgegangen ist.
Die München-Liste war gegen die Fusion, aber nun ist die Sache gelaufen. Wir werden auch bei der weiteren Entwicklung des Unternehmens nicht viel ausrichten können, außer von außen kritisch darauf zu blicken. Aus Aufsichtsräten städtischer Firmen werden wir als kleine Stadtratsfraktion (1 Mandat München-Liste, 3 Mandate ÖDP) nämlich systematisch ferngehalten, da die Sitze nach einer Methode berechnet werden, die die großen Parteien versorgt und die kleinen ausschließt.
Die ‚Münchner Wohnen‘ will weiterwachsen. „Wir brauchen dringend Personal, weil sich unser Business erweitert“, sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk der Zeitung ‚Hallo München‘. Sie verweist auf die Sanierungs- und Klimaziele der Stadt sowie die erweiterte Bautätigkeit. Der Haken dabei: Es ist unklar, wer das bezahlen soll. Mit Blick auf die angespannte Finanzlage der Stadt, die den Münchner Wohnungsbaugesellschaften schon bisher massiv unter die Arme greifen musste, sagt unser Stadtrat Dirk Höpner: „Wir haben hohe Schulden gemacht; diesen Wachstumspfad können wir nicht mehr lange durchstehen. Er hat keinen einzigen Vorteil, nur Nachteile. Wichtig wären jetzt eigentlich Stabilität und Kontinuität.“
Zu denken gab uns insbesondere die Entscheidung des Kurzzeit-Chef der Gewofag, Andreas Lehner: Er sollte im Januar 2024 die Führung der Münchner Wohnen übernehmen, sprang aber im Oktober 2023 nach nur einem Monat bei der Gewofag ab und verließ das Unternehmen. Die SZ zitiert Lehner mit den Worten, dass es ‚wie bei jeder Fusion im Personal Gewinner und Verlierer geben werde‘ und: Dass die Verschmelzung auf Augenhöhe geschehen solle, wie es Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) als Aufsichtsratschefin der beiden Unternehmen erwartet, sei “sozialromantischer Unsinn”.
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchner-wohnen-gewofag-gwg-fusion-aenderungen-1.6324582
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-gwg-gewofag-verena-dietl-andreas-lehner-1.6297595 („sozialromantischer Unsinn“)
Ausblick, Termine, Links
Stadtratsanträge und -anfragen der München-Liste: https://www.muenchen-liste.de/stadtratsantraege/, rechts oben ‚Erweiterte Suche‘, Suchwort: München-Liste
Medienberichte zu den Themen Wachstum/Strukturpolitik, Lobbyismus, Lärm- und Emissionsschutz, München: https://www.muenchen-liste.de/medienberichte/
Infos und Links zur Stadtpolitik aus der Perspektive von Naturschutz, Bürgerinitiativen uvm.: https://buergerdialog.online/